Redewendungen der Lutherbibel

„Mit seinen Pfunden wuchern“, „Perlen vor die Säue werfen“ oder „Es geschehen noch Zeichen und Wunder!“ sind nur ein paar von vielen Redewendungen, die wir in unserer Gegenwartssprache ganz selbstverständlich verwenden. Aber nur wenige Menschen wissen, dass sie aus der Lutherbibel stammen.

Vor 500 Jahren begann Martin Luther mit seiner Übersetzung der Bibel auf der Wartburg in Eisenach: Ein Jahr von großer Bedeutung, nicht nur für die Kirche, sondern auch für die deutsche Sprache, Literatur und Kultur.

Mit seinen Pfunden wuchern

Die Redewendung mit seinen Pfunden wuchern ist eine Anspielung auf das von Jesus erzählte Gleichnis von den anvertrauten Pfunden. Darin bekommen drei Diener von ihrem Herrn eine bestimmte Summe Geld – von Luther mit Pfund übersetzt -, das sie in seiner Abwesenheit gewinnbringend anlegen sollen. Während zwei das mit Erfolg tun, vergräbt der Dritte das Geld – angeblich aus Furcht vor der Hartherzigkeit seines Herrn.

Inzwischen hat sich die Redensart längst von seinem biblischen Vorbild verselbständigt und meint schlicht, dass wir die uns anvertrauten Gaben und Fähigkeiten so einsetzen, dass wir und andere einen Gewinn davon haben. Dumm dagegen ist der, der seine Talente ungenutzt verkümmern lässt, statt damit zu wuchern. Er lebt so unter den ihm von Gott geschenkten Möglichkeiten.

Warum hast du dann mein Geld nicht zur Bank gebracht? Und wenn ich zurückgekommen wäre, hätte ich’s mit Zinsen eingefordert. (Lukas 19,23, Lutherbibel 2017)
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Ein Buch mit Sieben Siegeln

Wer eine Sache oder Handlung als ein Buch mit sieben Siegeln einschätzt, für den ist das Ganze ein Rätsel, undurchschaubar und unverständlich.

Die Redewendung stammt aus der Offenbarung des Johannes. Dort wird im 5. Kapitel von einer Vision des Johannes berichtet, in der er einen Blick in die himmlische Ratsversammlung um den Thron Gottes werfen kann. Dabei ist von einem Buch mit sieben Siegeln die Rede. Dieses Buch enthält die Schilderung der endzeitlichen Ereignisse auf der Erde. Doch zunächst scheint niemand die Siegel des Buches öffnen zu können. Schließlich ist Jesus Christus in der Gestalt eines Lammes würdig, das Buch zu öffnen und die Geschichte so an ihr von Gott bestimmtes Ziel zu bringen. Mag auch uns manches an der Entwicklung der Weltgeschichte rätselvoll wie ein Buch mit sieben Siegeln bleiben, so ist es doch beruhigend zu wissen, dass unsere Welt bei Christus gut aufgehoben ist und er mit ihr ans Ziel kommt.

Und ich sah in der rechten Hand dessen, der auf dem Thron saß, ein Buch, beschrieben innen und außen, versiegelt mit sieben Siegeln. (Offenbarung 5,1, Lutherbibel 2017)
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Perlen vor die Säue werfen

Dieses von Luther in derber Sprache wiedergegebene Wort von Jesus meint umgangssprachlich, dass man nicht etwas Wertvolles und Kostbares jemandem anbieten soll, der es nicht zu schätzen weiß und darüber womöglich spottet. Die Pointe dieser Redewendung zielt also auf ein Gegenüber ab, das sich für eine wertvolle Gabe als unwürdig erweist. Der Betreffende würde etwas in den Dreck ziehen oder lächerlich machen, was einem selber wertvoll bzw. heilig ist.

Jesus hat mit dieser Mahnung seinen Jüngern einschärfen wollen, seine kostbare Botschaft nicht an Menschen weiter zu geben, die darüber lästern und sie mit Füßen treten. Es gibt Situationen, wo auch ein Christ lieber schweigen sollte statt das Evangelium dem Spott und der Lächerlichkeit anderer preiszugeben. Das ist dann kein Ausdruck von Feigheit oder Überheblichkeit, sondern einfach nur ein Zeichen von Selbstachtung und Ehrfurcht vor dem Wort Gottes.

Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben, und eure Perlen sollt ihr nicht vor die Säue werfen, damit die sie nicht zertreten mit ihren Füßen und sich umwenden und euch zerreißen. (Matthäus 7,6, Lutherbibel 2017)
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Es geschehen noch Zeichen und Wunder

Ein Ausruf des positiven Erstaunens: Dinge, an die wir schon längst nicht mehr geglaubt haben, sind entgegen unserer Erwartung nun doch endlich Wirklichkeit geworden. Wir müssen es gleichsam mit einem übernatürlichen Eingreifen zu tun haben – anders ist die geschehene Veränderung nicht zu erklären. So gebrauchen wir die obige Redewendung. Und das ist inhaltlich gar nicht so weit weg von derjenigen Stelle in der Bibel, von der aus unsere Redewendung ihren Ursprung genommen hat: Gott verspricht Mose mit vielen Zeichen und Wundern in Ägypten zu handeln, um das dort in der Sklaverei festgehaltene Volk Israel endlich in die Freiheit zu führen. Gemeint sind die zehn Plagen wie Hagel und Viehpest, Mücken- und Heuschreckenschwärme oder der Tod der ägyptischen männlichen Erstgeburt. Ausgehend von diesem Zusammenhang wird die Rede von den „Zeichen und Wundern“ in der Bibel dann ambivalent gebraucht: nämlich für beeindruckende Geschehnisse, die Menschen entweder zu Recht oder aber vorschnell und damit fälschlich als Eingreifen Gottes in die Geschichte gedeutet haben.

Aber ich will das Herz des Pharao verhärten und viele Zeichen und Wunder tun in Ägyptenland. (2. Mose 7,3, Lutherbibel 2017)
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Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach

Wer kennt das nicht von sich und seinen Mitmenschen: Man sieht ein, dass etwas getan werden muss, und auch am guten Willen fehlt es nicht. Aber man hat einfach nicht die Kraft. Darum seufzt ein Beobachter voller Mitleid „Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach!“ – ganz wie Jesus selbst es sprach im Garten Gethsemane zu seinen eingeschlafenen Jüngern.

Das griechische Wort Fleisch meint hier unsere natürliche menschliche Trägheit. Sie sorgt immer wieder dafür, dass wir uns falsch verhalten. So könnte man auch sagen: Der Geist ist schwach, weil das Fleisch zu stark ist. Doch es gibt Hoffnung. Zu Pfingsten kommt ein ganz neuer, kraftvoller Geist auf die in Jerusalem versammelten Jesus-Jünger und macht sie zu Taten fähig, von denen sie vorher nicht zu träumen gewagt hätten.

Wachet und betet, dass ihr nicht in Anfechtung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach. (Matthäus 26,41, Lutherbibel 2017)
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Das Wartburg-Experiment wird realisiert von der Internationalen Martin Luther Stiftung und der Deutschen Bibelgesellschaft in Medienpartnerschaft mit dem Gemeinschaftswerk Evangelische Publizistik. Das Wartburg-Experiment wird gefördert durch Mittel des Landes Thüringen.