Iris Wolff verbrachte vom 30. Oktober bis 25. November 2021 ihre Präsenzzeit auf der Wartburg.
Ihrer Zeit hat Sie täglich mit einem Bild und einem Satz oder Wort aus der Bibel dokumentiert.
„In meinem Reisekoffer befanden sich neben Büchern, Zeitungsartikeln zur Vorbereitung, diversen wichtigen Utensilien wie Wasserkocher und Schwarztee, auch Tuschestifte, Pinsel und Papier. Ich habe seit dem Ende meines Studiums nicht mehr gemalt. Wenn man dies einmal ausrechnet, steht rasch fest, dass ich fast die Hälfte meines Lebens schon nicht mehr zeichne und male. Ich hatte gehofft, dass die Zeit auf der Wartburg mir wieder ein Tor öffnet in jene selbstvergessene Bewegung der Hand, die den Kopf befreit, doch dem war nicht so. Stattdessen habe ich wieder angefangen, zu fotografieren, und auch das habe ich seit zwölf Jahren nicht mehr so intensiv, wie jetzt während meiner Schreibresidenz. Ich bin ein Augenmensch, ich kann diesen Sinn nicht abschalten, sehe die Welt ständig in allerkleinsten Details. So habe ich jeden meiner Tage auf der Wartburg mit einem fotografischen Schnappschuss dokumentiert, und mit einer Fundstelle aus der Bibel kombiniert. Ich lese die Bibel laut, am Stück, bediene mich ihrer nicht, wie ich es sonst kenne, wie an einem Steinbruch, auf der Suche nach dem passenden Stein. Ich entdecke unbekannte Stellen, bemerke die Bildhaftigkeit, Lebendigkeit, klangliche Schönheit von Luthers Übersetzung. Besonders poetisch ist das Johannes-Evangelium – ganz egal wie weit ich komme, es steht schon jetzt fest, dass ich dieses Experiment Zuhause weiter führen werde.“
Das Auge ist das Licht des Leibes. Zeichen der Zeit. Das unsere Augen aufgetan werden. Denn einer ist euer Lehrer Am Morgen noch vor dem Tage Der Sämann sät das Wort Ich sehe Menschen, als sähe ich Bäume umhergehen So muss die Schrift erfüllt werden Dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist Damit du deinen Fuß nicht an einem Stein stößt Ein volles, gedrücktes, gerütteltes und überfließendes Maß Die Kinder dieser Welt sind unter ihresgleichen klüger als die Kinder des Lichts Wenn doch auch du erkenntest zu dieser Zeit, was zum Frieden dient Macht euch keine Unruhe Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen Und glaubten der Schrift und dem Wort Als du unter dem Feigenbaum warst, sah ich dich Ich bin die Tür zu den Schafen Die Schnitter sind die Engel Und er wird euch einen anderen Tröster geben Es ist das Licht noch eine kleine Zeit bei euch Es kommt die Nacht, da niemand wirken kann Eure Zeit ist allewege Brannte nicht unser Herz in uns, als er mit uns redete auf dem Wege? So würde, meine ich, die Welt die Bücher nicht fassen, die zu schreiben wären Wo gehst du hin?